Verbraucher verlagern ihre Einkäufe immer weiter ins Internet. Nicht umsonst boomen Plattformen wie Amazon und Wish und führen die Liste der digitalen Marketplaces an. Da stationäre Konzepte im klassischen Sinn kaum noch Mehrwehrt für Konsumente bieten, sterben lokale Stores nach und nach aus. Hybride Modelle vereinen die physische Ladentheke mit Online-Features und verpassen dem analogen Handel ein digireales Update.
Tommy Hilfiger gilt als Paradebeispiel für den Weg von Off- zu Online. Startschuss für das bekannte Label gibt der 2004 eröffnete Flagship-Store. Architekt und Brandbuilder Sebastian Retz, damals bei Schwitzke und Partner, entwarf den Münchner Laden. Dem stationären Handel folgt bald der digitale POS. Um seinen Kunden die Hemmschwelle zu nehmen, modifiziert Hilfiger Vertrautes Internet-konform. Anstelle einer neu kreierten Welt verfolgt der Designer eine konsequente Umsetzung der realen Einkaufswelt auf die digitale Ebene und präsentiert auch online das bekannte Kauferlebnis à la Hilfiger.
Offline 2.0
Richtig gemacht, funktioniert auch der Wandel von digitalem Placement zu analogen Lösungen. Die Taschen- und Rucksackmarke Wind&Vibes macht in Köln erste stationäre Gehversuche. Das von Retz für Mavis entwickelte Indesign für die Online-Marke verbindet haptisches Kauferlebnis mit digirealen Features. Neben den klassischen Verkaufselementen öffnet der Store Fenster zum Social Media Universum. Teil der neuen Umsetzung ist die inszenierte Hashtag-Ecke für Influencer, die ihre Bilder von dort direkt mit ihren Followern teilen. Extra große Monitore präsentieren dem Kunden die Rückansicht ihres neuen Accessoires und eine individuelle Photowall rundet das Shopping-Erlebnis visuell ab.
Omnichannel als Geschäftsmodell
In einer schnelllebigen Gesellschaft ist König, wer die Menschen zum Stehenbleiben bringt. 08/15-Schaufenster und Interieur von der Stange ziehen längst keine Aufmerksamkeit mehr auf sich. Der Handel wandelt sich von POS zu POE – Point of Experience. „Du musst den Menschen einen Grund geben, in deinen Laden zu kommen“, weiß Sebastian Retz. „Der Markt bietet eine riesige Auswahl an Angeboten. Warum also sollte der Kunde ausgerechnet deinen Laden betreten?“ Die Antwort liegt im hybriden Modell: Das innovative Konzept vereint das Beste aus Online- und Offline-Welt und erzeugt ein optimales Kauferlebnis. Dabei lernt ein im Hintergrund laufender Algorithmus stetig mit und entwickelt ein auf den Konsumenten abgestimmtes Angebot, das zum Wiederkommen einlädt.
All about Lifestyle
Im April ist auch die Eröffnung des ersten hybride Stores des Retail-Vordenkers Retz geplant. Das LUX 11 in Berlin profitiert von der jahrelangen Erfahrung des Markenarchitekten. Auf knapp 2000 Quadratmetern bietet der Store mietbare Verkaufs- und Medienfläche für Fashion, Kosmetik, Essen und Co. Ausgewählte Stücke animieren zum haptischen Kennenlernen. Der Rest präsentiert sich Interessierten via Try-on-Spiegel, also einem Monitor mit virtuellem Kleiderangebot. Durch die bunte Markenvariation offeriert das Konzept lockende Vielfalt, vollkommen ortsunabhängig. Ob in der Wirklichkeit unterwegs oder bequem von der Couch: Auf Wunsch lassen sich Interessierte von einem virtuellen Verkäufer durch das Sortiment führen. Je nach Location vervollständigen Personal Trainer, Friseur oder Café Lounge das Angebot und laden zum Verweilen ein. Mit der kreativ-technischen Konzipierung spricht Retz alle Lebensbereiche seiner Kunden an und schafft Mehrwert, der sich bezahlt macht.
Quelle: www.sebastianretz.com